Die dunkle Jahreszeit ist für die meisten Pferde auch die Jahreszeit, in der sie eher weniger Bewegung bekommen als im Sommer. Die wenigsten Pferde kennen eine Winterweide und stehen sich stattdessen die Beine in ihren Boxen in den Bauch. Der Winter ist daher die Jahreszeit, in der du viel Zeit darauf verwenden solltest, deinem Pferd so viel Bewegung wie möglich zu beschaffen. Stehtage in der Boxenhaltung sind meines Erachtens ein no go. Hier sind meine Gründe:
1. Pferde sind Lauftiere

Pferde bewegen sich in freier Natur durchschnittlich 16 Stunden täglich. Diese Bewegung erfolgt in einem langsamen Schritt mit gleichzeitiger Nahrungsaufnahme. Dabei legen sie eine Strecke von vielen Kilometern pro Tag zurück. Dieses Verhalten gehört zu den Grundbedürfnissen eines Pferdes.
Steht nun dein Pferd den ganzen Tag in einer Box, so kann dieses Grundbedürfnis nicht gestillt werden. Selbst wenn du dein Pferd 1 Stunde reitest, 1 Stunde in die Führanlage stellst und 2 Stunden auf den Paddock bringst (und selbst da fehlen oft die Bewegungsanreize), erfüllst du gerade einmal ein Viertel seines Bewegungsbedürfnisses an Bewegungszeit. Dieses Bedürfnis noch weiter durch einen Stehtag einzuschränken, würde also dem Tier einen weiteren Teil seines Grundbedürfnisses nehmen.
2. Stehenlassen schädigt die Gelenke
Damit Gelenke auch im Alter rund laufen, benötigen sie ausreichend Bewegung. Stellt man nun ein Pferd zum Beispiel durch Stehen in der Box zeitweise ruhig, hat dies enormen Einfluss auf die Gelenke. Damit Gelenke rund laufen, benötigen sie eine gut funktionierende Gelenkflüssigkeit. Die ist für die reibungslose Bewegung und die Ernährung des Gelenkknorpels wichtig. Zu lange Stehzeiten führen zu einer mangelhaften Knorpelernährung. Dies führt zu Elastizitätsverlust und Degeneration des Knorpels. Der Gelenkknorpel benötigt die Be- und Entlastung durch die Bewegung um sich (untechnisch formuliert) wie ein Schwamm vollzusaugen und wieder ausgedrückt zu werden. Nur durch die regelmäßige Bewegung beim Laufen, wird der Knorpel genügend mit Nährstoffen versorgt.
Wird der Knorpel nicht ausreichend versorgt, verkümmert er. Irgendwann reibt schließlich Knochen auf Knochen ohne schützende Knorpelschicht. Hierbei kann es zu Arthrosen und Lahmheiten kommen.
3. Es entstehen Muskelprobleme
Bewegung bedeutet auch ausreichende Durchblutung. Das Muskelgewebe bekommt durch die vermehrte Durchblutung genug Sauerstoff und Nährstoffe. Beides benötigt der Muskel für die Bewegung. Gleichzeitig werden Abbauprodukte, die im Muskel entstehen, über die Durchblutung abtransportiert.
Bewegt sich dein Pferd jetzt weniger, bekommen die Muskeln weniger Sauerstoff und wertvolle Nährstoffe. Gleichzeitig lagern sich die Abbauprodukte im Gewebe an. Ein solcher Muskel hat deutlich mehr Schwierigkeiten den Anforderungen beim Reiten gerecht zu werden. Er büßt an Muskelmasse ein, ermüdet schneller, verhärtet sich und es kann zu Muskelfaserrissen kommen.
4. Die Verletzungsgefahr steigt
Knochen, Sehnen, Bänder und Muskeln werden durch das vermehrte Stehen geschwächt. Der gesamte Bewegungsapparat benötigt regelmäßige Belastungen um gesund zu bleiben. Wird ein Pferd nun zum Beispiel falsch trainiert (z.B. regelmäßig zu kurze Aufwärmphasen) und hat zusätzlich nur wenig Bewegung (weil es z.B. nur zum Reiten aus dem Stall geholt wird) können Verletzungen entstehen. Oft reichen hier schon Kleinigkeiten. Läuft das Pferd zum Beispiel nach einer Stehpause über einen schlechten Boden, kann es sein, dass eine Sehne, ein Band, Knochen oder Muskel dieser Belastung nicht stand hält.
So passiert es, dass ein Pferd aufgrund eines schlechten Hallenbodens eine Sehnenverletzung erleidet. Der schlechte Boden war dann aber lediglich nur der Auslöser. Ursächlich für die Verletzung war jedoch die falsche und nicht an den Bedürfnissen des Pferdes ausgerichtete Haltung.