
Es gibt eine Sache, die mir während einer Behandlung und auch zu Beginn einer Behandlung sehr oft auffällt. Und das ist die Atmosphäre im Stall. Damit meine ich die Atmosphäre auf der Stallgasse, auf dem Hof und auch die Atmosphäre zwischen den Pferdebesitzern untereinander. Es ist etwas was mir oft auffällt, da es einen wesentlichen Einfluss auf die Behandlung und den Behandlungserfolg, aber auch auf das Leben und Verhalten des Pferdes hat. Dabei gilt aber auch, was für den einen nicht gut ist, damit kann ein anderer vielleicht sehr gut leben.
Viele meiner Patienten stehen in langen Stallgassen. Und viele davon haben einen direkten Blick von ihrer Box in die Reithalle, in welcher den ganzen Tag Betrieb ist. Sie haben gleichzeitig oft keine Rückzugsmöglichkeit, sie können sich dem Treiben nicht entziehen. Oftmals bestehen nicht mal Stallruhezeiten. Daneben gibt es aber auch die, die in einem großzügig gebauten Offenstall stehen. Blöderweise sind die Gruppen manchmal zu groß oder die Auswahl der Tiere, die zusammen stehen, ist nicht ideal. Das Tier findet nicht zur Ruhe und hat vielleicht noch nicht einmal einen trockenen Liegeplatz, da es sich als Rangniedrigster hinten anstellen muss. Dementsprechend müssen wir auch die Beziehung zwischen den Tieren als Teil der Atmosphäre beachten.
Es kann aber auch alles für das Tier Ideal sein. Das Tier würde sich eigentlich wohl fühlen - auch trotz langer Stallgasse oder großer Offenstallgruppe, schließlich ist jedes Pferd anders gestrickt - aber die Stallatmosphäre passt trotzdem nicht. Da sind die Kinderreitstunden, die das Pferd stressen, da es geräuschempfindlich ist, die Pferdebesitzer, die sich untereinander zoffen oder der Besitzer, der gestresst von der Arbeit kommt.
Ich spreche das an, weil ich das Gefühl habe, dass es vielen Pferdebesitzern oft gar nicht auffällt, was für Reizen und vor allem auf welchen Zeitraum hinweg das Pferd diesen Reizen ausgesetzt ist. Auch wenn für mich ein Stall perfekt erscheint, muss er es für das Pferd noch lange nicht sein.
Auch für eine physiotherapeutische Behandlung ist Ruhe von großer Bedeutung. Wenn ich als Therapeut zu einem Behandlungstermin fahre, dann ist es für mich wichtig an einem ruhigen Ort, mit ausreichend Platz, an dem sich das Pferd sicher fühlt, behandeln zu können. Dabei sind Stoßzeiten und auch Fütterungszeiten unbedingt zu vermeiden. Die Behandlung eines Pferdes, das ständig unter Strom steht und auch zu wenig Platz hat, um auch einmal einen Schritt nach vorne oder hinten machen zu können, gestaltet sich als äußerst schwierig und kann auch im äußersten Fall gefährlich werden.
Für einen guten Behandlungserfolg ist es wichtig, dass das Pferd sich entspannen kann. Eine viszerale Behandlung oder das Lockern von Muskeln sind schwierig, wenn ständig Trubel herrscht. Du kannst es dir in etwa so vorstellen, wie als wenn du als Mensch eine physiotherapeutische Behandlung auf einem belebten Marktplatz erhalten würdest. So richtig zur Ruhe kommt man dabei nicht.
Letztendlich dreht sich alles um die Frage, ob dein Pferd sich wohl fühlt. Für die Beantwortung dieser Frage benötigt es ein offenes Auge und auch den Willen zur Veränderung, wenn es eben nicht passt.
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