
Es ist schon irgendwie faszinierend, dass der Mensch auf Pferden reiten kann.
Mit Hilfe einer die Wirbelsäule stabilisierenden Muskulatur ist das Pferd in der Lage uns auf seinem Rücken zu tragen. Gleichzeitig ist die Wirbelsäule aber unfassbar beweglich. Diese Beweglichkeit ist unter anderem darauf zurück zu führen, dass allein im Bereich der Brustwirbelsäule mehr als 140 gelenkige Verbindungen zwischen den 18 Wirbelkörpern und Rippen bestehen.
Von der Brustwirbelsäule selbst ist von außen nicht viel zu sehen. Was wir von außen ertasten können, sind lediglich die unterschiedlich langen Dornfortsätze. Wobei auch hier ein Ertasten erst ab dem 3. Dornfortsatz möglich ist.
Die Dornfortsätze der 18 Brustwirbel sind aber nicht nur unterschiedlich lang, sondern neigen sich auch in unterschiedliche Richtungen:
- Bis zum 13. Brustwirbel sind die Dornfortsätze zum Schweif hin gerichtet.
- Die Dornfortsätze 14 bis 16 stehen annähernd senkrecht.
- Der 17. und 18. Brustwirbel sind in Richtung Kopf gerichtet.
Diese Neigung in unterschiedliche Richtungen kann besonders im hinteren Teil der Brustwirbelsäule zu Problemen führen. Eine Erkrankung die man im Rückenbereich sehr häufig antrifft, ist das "Kissing-Spine-Syndrom".
Leider haben die sich küssenden Dornfortsätze nichts mit Romantik zu tun. Vielmehr handelt es sich hierbei um den Engstand bzw. Berührung einzelner Dornfortsätze, was bis hin zur Verwachsung einzelner Dornfortsätze miteinander führen kann.
Betroffen ist meist die hintere Sattellage (Brustwirbel 10 - 17), da die Dornfortsätze sich auf Grund ihrer Ausrichtung nahe stehen und den meisten Stauchungen ausgesetzt sind. Zwischen sich annähernden Dornfortsätzen können schmerzhafte Entzündungen entstehen. Im weiteren Verlauf kann es dann zu knöchernen Zubildungen und damit zu Verwachsungen zwischen den Dornfortsätzen kommen.
Ist der Prozess bereits bis hin zur Verwachsung zweier Dornfortsätze miteinander fortgeschritten, laufen die Pferde in der Regel schmerzfrei. Jedoch ist dann die Beweglichkeit in diesem Bereich eingeschränkt.
Mögliche Ursachen für Kissing Spines: Genetische Veranlagung (angeborener Engstand, besonders kurzer Rücken, Senkrücken), zu hohes Reitergewicht im Hinblick auf die körperliche Konstitution des Pferdes, Fehlbelastungen, Stauchungen im Bereich der Sattellage, u.v.m.
Nach der tierärztlichen Behandlung ist es sehr wichtig, dass das Pferd entsprechend seiner Erkrankung bewegt und physiotherapeutisch betreut wird. Wichtig ist in erster Linie die Lockerung und Kräftigung der umliegenden Muskulatur. Beim Reiten und Longieren ist es wichtig dass, das Pferd den Rücken aufwölbt und die Hinterhand aktiv mitnimmt. Auch die Arbeit mit Stangen und Cavaletti kann mit in das Training einbezogen werden. Bewegungen, die für das Pferd schmerzhaft sein könnten, sind aber zu vermeiden. Ebenso sollten ausreichend Bewegungsmöglichkeiten geboten werden. Boxenruhe ist kontraproduktiv.
Pferde mit Kissing Spines können mit Hilfe einer entsprechenden tierärztlichen, physiotherapeutischen und reiterlichen Betreuung lange reitbar sein und ihrem Besitzer viel Freude bereiten.
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